Ankunft der Amerikaner in Külsheim und Durchzug durch Külsheim in der Nacht vom 30.03.45 (Karfreitag) auf 31.03.45
Zusammenfassung von Zeitzeugenberichten
In der Nacht vom 30.03.45 (Karfreitag) auf 31.03.1945 ca. 0.30 Uhr waren die Amerikaner mit Panzern von Steinbach über den Steinbacher Weg vor Külsheim angekommen. Am westlichen Stadteingang wurde den Amerikanern von zwei Bürgern mit weißen Fahnen die Friedfertigkeit Külsheims signalisiert, obwohl man sich der Lebensgefahr für die Zeit nach dem Durchzug bewusst war.
Ein Schützenpanzer fuhr von der Steinbacher Strasse in die Bronnbacher Straße bis etwa zum Lagerhaus, wo er drei Schüsse Richtung Külsheim abgab. Nachdem keine Reaktion kam, kehrte er wieder zurück zur Kolonne. Danach fuhr die Panzerkolonne nicht in die Hauptstrasse, sondern bog nach rechts ab in die Hardheimer Straße. Oberhalb der ehemaligen Schneidmühle überquerten sie auf einer Brücke den damals noch bestehenden Graben des Amorsbaches, gelangten in den Schneidmühlweg und weiter in die Bergstrasse (Gänsberg), die Obertorgasse hinauf zur Hauptstrasse, von der sie beim Gasthaus „Zum Speer“ nach links Richtung Uissigheim abbogen. Dabei hinterließen die Panzer tiefe Spurrillen in der Einmündung zur Hauptstraße „man hätte eine Kuh hineinlegen können“. Die Spitze der Kolonne bestand aus einem Jeep, der von zwei Soldaten zu Fuß flankiert wurde. Danach folgte der erste Panzer, auf dem ab der Bergstraße ein Külsheimer mit seiner Mistkratze saß. Von oben rief er den am Rande Stehenden zu: „Gell da glotz ihr“. Beim Gasthaus „Zum Speer“ durfte er den Panzer wieder verlassen. Er wurde vor der Durchfahrt durch die Altstadt wohl als Geisel auf den Panzer aufgenommen. Es gibt auch eine wenig wahrscheinliche Version dieses Ereignisses, wonach der Panzerkommandant ein nach den USA ausgewanderter Külsheimer Jude gewesen sei. Er habe den am Rande stehenden ihm namentlich bekannten Külsheimer Bürger persönlich aufgefordert, auf dem Panzer aufzusitzen: „Seppl kumm ruff“. Ein gut englisch sprechender Külsheimer habe die Soldaten angesprochen, worauf sie ihn nach dem Weg nach Uissigheim gefragt hätten. Zum Glück hätten sie diesen Weg genommen, da in Richtung Tauberbischofsheim Personen mit Panzerfäusten die Kolonne erwarteten. Auch am Ortseingang von Uissigheim sind junge Soldaten gestanden mit dem Auftrag, die Weiterfahrt der Kolonne zu verhindern. Der Uissigheimer Bürgermeister hat dies jedoch verhindert, indem er diese aufforderte, „in Richtung Werbach zu verschwinden“. Damit blieb Uissigheim wohl das Schicksal von Nassig erspart.
Es wird berichtet, daß in Külsheim Wehrmachtssoldaten einquartiert gewesen waren, die noch kurz vor Eintreffen der Amerikaner zum Verlassen der Stadt aufgefordert wurden. Ein Posten des Volkssturms im Stadtzentrum wurde vom Bürgermeister überredet, sich zu ergeben, keinen Widerstand zu leisten. Dem Bürgermeister seien deshalb Konsequenzen angedroht worden, die zum Glück nicht, wie von anderen Ortschaften berichtet, eingetreten sind. Der Durchzug der Amerikaner dauerte mit Unterbrechungen bis morgends um 9 Uhr. Kinder haben ohne Scheu um Süßigkeiten gebettelt und wurden vorwiegend von afroamerikanischen Soldaten mit Schokolade beschenkt. Es waren die ersten dunkelhäutigen Menschen, die sie sahen. Eine Zeitzeugin berichtete, dass sie es ablehnt hätte, die Schokolade anzunehmen. Sie sei noch durch ihren Schullehrer, einem fanatischen Nationalsozialisten, nationalsozialistisch beeinflusst gewesen. Viele Menschen seien beim Durchzug furchtlos „Spalier“ gestanden, so dass ein kriegserfahrener amerikanischer Soldat geäußert habe, eine solche „Frechheit“ wie in Külsheim habe er im ganzen Krieg nicht erlebt.
Am Karsamstag haben freigelassene Polen um Nahrung gebettelt. Nach Abzug der Amerikaner sind vereinzelt durchziehenden Wehrmachtssoldaten die Strümpfe gewaschen worden.
In einer Scheuer am östlichen Stadtrand wurde von einer Marineeinheit Spirituosen und Stoffballen gelagert. Sehr viele Külsheimer bedienten sich daran. Man konnte noch später an Kleidungsstücken deren Herkunft erkennen.
Der Heimat- und Kulturverein, Cullesheimer Kreis hat vor einigen Jahren Zeitzeugen der Ereignisse befragt. Ihre Berichte erfolgten in der Külsheimer Mundart. Die meisten Zeitzeugen sind inzwischen verstorben. Ihre Berichte sind aber auf einer DVD erhalten geblieben. Auf der DVD mit dem Titel „Sou wor`s emol in Külse“ sind noch viele weitere Zeitzeugenberichte aus früheren Zeiten aufgezeichnet.
Die DVD kann beim Heimat- und Kulturverein Külsheim für 15 € erworben werden. Tel. 09345/1209 Egon Kirschner, Email: egon.kirschner@t-online.de
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